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England und das Hausgemachte Problem

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Viel ist schon gesagt über die Krawalle in England. Mehrere Nächte hintereinander plünderten und zerstörten hauptsächlich Jugendliche Geschäfte in London, Manchester und Liverpool sowie in anderen britischen Städten. Dabei verloren 5 Menschen ihr Leben und mehr als 2000 wurden verhaftet. Der Auslöser für diese Ausschreitungen war der Tod des 29-Jährigen Mark Duggan, der bei seiner Verhaftung am 4. August von der Polizei erschossen wurde. Zwei Tage später folgte eine zunächst friedliche Demonstration vor einer örtlichen Polizeistation, die die Aufklärung des Todesfalls forderte. Später am Abend eskalierte die Situation – den Ausgang kennen wir inzwischen.

Einen Tag nach den ersten Ausschreitungen erzählte uns Martin Fletcher, NBC News Korrespondent von einem jungem Mann, der von einem Reporter gefragt wurde, ob die Krawalle der richtige Weg seien, die Unzufriedenheit auszudrücken. Das bejahte dieser und sagte, Sie würden jetzt nicht mit mir reden, wenn wir nicht randalieren würden. Zusätzlich ergänzte er, dass vor zwei Monaten 2000 Menschen friedlich vor Scotland Yard protestierten, aber nichts darüber sei in der Presse geschrieben worden. Und jetzt, mit ein paar Randalen, blicken alle zu uns.

Was den Sozialromantikern das Herz vor Freude dahinschmelzen lässt, ist aber nur die halbe Wahrheit und nur ansatzweise eine Erklärung der Geschehnisse in England. Mehrere Tage wütete der Mob wobei nicht nur Fahrzeuge und Geschäfte angefackelt, sowie Elektronik und Klamotten gestohlen wurden. Fünf Menschen verloren während dieser Krawalle ihr Leben. Dabei handelte es sich nicht um Randalierer oder Polizisten, nein, es wurden Menschen getötet, die Eigentum vor Diebstahl und Brand zu schützen suchten. Spätestens hier hört das Schwarz-Weiß-Gemalhe aber auf, die den Randalierer als einen sich aus der Unterdrückung befreien wollenden, ja, kann man Aufständischen dazu sagen, darzustellen? Aufständiger Unterdrückter, oder gar Revoluzzer klingt nach politischen Idealen, nach Zielen, oder nach einen Missstand, auf den mit Demonstrationen bewusst aufmerksam gemacht werden soll. So wie die Demonstrationen und Aufstände des arabischen Frühlings, die unter anderem von steigenden Nahrungspreisen ausgelöst wurden, und dann in laute Forderungen nach mehr Menschenrechten mündeten.

In England herrschte aber eine ganz andere Situation. Mögen am Anfang der Unruhen noch die Todesschüsse auf Duggan der Grund für die Proteste gewesen sein, und mag zu Beginn die klare Forderung nach Aufklärung bestanden haben, entwickelten sich daraus Plünderung und Vandalismus, die in Sachschäden in Millionenhöhe mündeten und nicht zuletzt 5 Menschenleben forderten.

Wo also sind hier die klaren und bewussten Forderungen nach Besserungen von Lebensumständen? Auf welche Missstände wollten die „Protestler“ aufmerksam machen? Das alles sucht man hier vergebens. Am Ende war es die reine Lust am Zerstören und stehlen, oder dem Haben wollen von etwas, was man sich nicht leisten konnte. Und es wurde auch nicht vor Menschenleben halt gemacht.

Nun sucht natürlich jeder nach den tiefer sitzenden Ursachen der Krawalle, um erklären zu können, was in den Nächten dort vorgefallen ist. Und so bildete sich in den vergangenen Tagen eine Interpretationsrichtung heraus, die die Ursachen in 2 Punkten zusammenfasst. Zum einen steht dort natürlich das soziale Milieu. Fast alle Festgenommenen leben verarmt und ohne Arbeit von der Stütze. Vergessen in den verarmten Vierteln, an denen die Wirtschaft jeden Tag, jede Woche und jedes Jahr vorbeibrummt. Auf der anderen Seite eine Gier ist Geil Mentalität, die mit der Gier alles zu rechtfertigen sucht.

Eine Mentalität die den Nachbarn auch noch die letzte Unterhose ausziehen würde, um die eigenen Begehren zu befriedigen. Eine Mentalität die von Banker, Politikern und der Oberschicht tagtäglich vorgelebt. Wir erinnern uns an die Bailouts, wo trotz der durch den Staat geretteten bankrotten Banken die Spekulanten ihren Bonus einstreichen durften. Politiker, die ihr Entenhaus auf dem Teich ihres Landsitzes oder die Taxigebühren der Ehefrau über die Vergünstigungen ihrer politischen Position abzurechnen versuchten. Oder das aktuelle Beispiel, wo hochbezahlte Emissionshändler noch zusätzlich betrügen müssen, um den Gewinn zu vergrößern. Gier ist halt Geil.

Und, weil diese Erklärungsansätze nun, nach ein paar Tagen vorliegen, kann David Cameron, der britische Premier nicht bei seiner einfachen Betrachtungsweise vom einfachen, vielen Kriminellen, der mit härtester Hand bestraft werden muss, bleiben. Deswegen warf er nun sich und seiner Regierung vor, eine der schlimmsten Seiten der menschlichen Natur seit den letzten heftigen Krawallen in den 80er Jahren ignoriert und vernachlässigt zu haben; Es muss, wie scheinbar immer, erst etwas schreckliches passieren, damit die sozialen Probleme als Probleme der Gesellschaft erkannt werden. Allerdings hält das meist nicht lange. Bis neue Krawalle ausbrechen werden.

Nicht das mich jetzt jemand falsch versteht. Für Gewalt gibt es keine Rechtfertigung. Punkt. Die Probleme, die dazu führen, müssen endlich adäquat gelöst werden. Und da reicht es nicht, einen Swimmingpool oder ein Jugendzentrum in den problemvierteln zu bauen.


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